Aktuelles

Ansprüche bei Verzögerungen auf dem Weg zum Flugzeug

Zwischen der Ankunft am Flughafen und dem Besteigen des Flugzeugs kommt es immer wieder zu Verzögerungen. Es stellt sich dann die Frage, wessen Verantwortung die Verspätung zuzurechnen ist. Denn Anspruch auf die Verspätungspauschale der Fluggastrechte-VO hat der Reisende nur, wenn er die Verspätung nicht selbst zu vertreten hat. Hierzu einige Beispiele:

  • Check-In: Wer nicht online eincheckt muss sich mindestens 45 Minuten vor der Abflugzeit zur Abfertigung einfinden. Verspätet er sich, verliert er seinen Beförderungsanspruch. „Einfinden“ bedeutet in diesem Zusammenhang auch das Anstellen, weil der Fluggast auf die Organisation der Abfertigungsschalter keinen Einfluss hat.
  • Gepäckaufgabe: Zunächst gilt hier das gleiche wie beim Check-In. Alle Probleme, die sich danach mit dem Gepäck ergeben, werden dem Risikobereich des Flugunternehmens zugerechnet. Das gilt auch, wenn das Gepäck aufgegeben wurde, der Fluggast aber den Flug aus anderen Gründen verpasst.
  • Sicherheitskontrolle: Bei Warteschlangen an den Sicherheitskontrollen ist der Staat verantwortlich (§§ 5 I und 16a LuftSiG). Das hat zur Folge, dass weder der Fluggast, noch das Flugunternehmen für Verzögerungen verantwortlich sind. Ansprüche des Fluggastes richten sich daher in diesen Fällen gegen den Staat.
  • Boarding: Fehler beim Boarding werden der Verantwortung der Flugunternehmen zugeordnet. Der Fluggast hat bei hieraus resultierenden Verspätungen die üblichen Ansprüche aus der Fluggastrechte-VO. Lediglich, wenn der Fluggast das Gate aus in seiner Verantwortung liegenden Gründen zu spät erreicht, scheiden entsprechende Ansprüche aus. Dann ist es sogar legitim, ihm die Beförderung zu verweigern.

Rücktritt vom Reisevertrag

Der Reisende kann grundsätzlich vor Reisebeginn ohne Angabe von Gründen jederzeit von dem geschlossenen Reisevertrag zurücktreten. Er erhält auch den gezahlten Reisepreis zurück, allerdings nicht in voller Höhe. Das Gesetz sieht in § 651h BGB vor, dass der Reiseveranstalter eine angemessene Entschädigung verlangen kann. Streit gibt es häufig über die Frage, wie hoch diese Entschädigung ausfällt.

Hierzu hat der Bundesgerichtshof in einem jüngst veröffentlichten Urteil entschieden, dass insofern die Darlegungs- und Beweislast dem Reiseveranstalter obliegt. Das bedeutet, dass der Reiseveranstalter genau darüber erklären muss, wie die geforderte Entschädigung zustande kommt. Zusätzlich muss der Reiseveranstalter die höhe der geforderten Entschädigung beweisen. 

BGH, Urteil vom 18.1.2022, Az: X ZR 109/20

Stornierungspauschalen oft unwirksam

Tritt ein Reisende vor der Reise vom Reisevertrag zurück, werden in der Regel laut AGB pauschalisierte Stornierungsgebühren fällig. Das AG Bad Homburg entschied nunmehr, dass derartige Klauseln ungültig sind (nach § 309 Nr. 5 BGB). Denn die mit 50 % pauschalisierten Rücktrittskosten übersteigen den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden. Zwar dürfen Stornokosten grundsätzlich pauschal geregelt werden. Der Reiseveranstalter müsse aber darlegen und nachweisen, dass er die Stornopauschale unter Beachtung der Kriterien des Gesetzes berechnet hat, mithin die Pauschale dem typischen Schadensumfang entspricht. Der Reiseveranstalter ist verpflichtet nachvollziehbare Zahlen zu nennen, die den tatsächlichenen Schaden belegen. Hierfür muss der Veranstalter nachweisen, welche tatsächlichen Aufwendungen er gespart hat und ggf. wlechen Betrag sie die Witerverwendung der Reiseleistung erworben haben.

AG Bad Homburg, Urteil v. 25.01.2019 – 2 C 2142/17 (28)

Unwettergefahr stellt keinen außergewöhnlichen Umstand dar

Annulliert eine Fluggesellschaft einen Flug aus Angst vor starken Unwettern, steht den Reisenden ein Ausgleichsanspruch zu. Im verhandelte Fall annullierte eine Fluggesellschaft einen Flug am nächsten Tag, da die Wetterprognosen ein Unwetter hervorsagten. Die Fluggesellschaft hatte die Befürchtung, dass das Flugzeug am Unwetterort stranden könnte und den ganzen Tag nicht zur Verfügung stünde.
Nach dem Landgericht Berlin stellt dies keinen außergewöhnlicher Umstand dar. Die Fluggesellschaft habe den Flug freiwillig und auf einer nicht hinreichend sicheren Prognosebasis annulliert. Es habe kein tatsächlich bestehender außergewöhnlicher Umstand vorgelegen, sondern nur ein bloßer Verdacht.

LG Berlin, Urteil v. 28.05.2019 – 67 S 49/19

Nachflugverbot ist kein außergewöhnlicher Umstand

Kommt es auf Grund eines Nachtflugverbotes zu einer Verspätung von über 3 Stunden, stehen dem Reisenden Ausgleichzahlungen nach des EG-Verordnung zu. Bei einem Nachtflugverbot handele es sich nach Auffassung des Amtsgerichts Frankfurt am Main schon von der Natur der Sache her nicht um einen außergewöhnlichen Umstand, sondern sei Teil der Betriebstätigkeit der Fluggesellschaft. Es handele sich offensichtlich um ein Vorkommnis, welches Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sei. Die Unternehmen kalkulieren bewusst das Risiko eines eventuell eintretenden Nachtflugverbots mit ein, wenn sie Flüge in dessen Nähe legen.

AG Frankfurt am Main, Urteil v. 06.12.2019 – 32 C 5554/19 (69)

Fehlendes Gepäckstück berechtigt zur Minderung um 40%

Annulliert eine Fluggesellschaft einen Flug aus Angst vor starken Unwettern, steht den Reisenden ein Ausgleichsanspruch zu. Im verhandelte Fall annullierte eine Fluggesellschaft einen Flug am nächsten Tag, da die Wetterprognosen ein Unwetter hervorsagten. Die Fluggesellschaft hatte die Befürchtung, dass das Flugzeug am Unwetterort stranden könnte und den ganzen Tag nicht zur Verfügung stünde.
Nach dem Landgericht Berlin stellt dies keinen außergewöhnlicher Umstand dar. Die Fluggesellschaft habe den Flug freiwillig und auf einer nicht hinreichend sicheren Prognosebasis annulliert. Es habe kein tatsächlich bestehender außergewöhnlicher Umstand vorgelegen, sondern nur ein bloßer Verdacht.

LG Berlin, Urteil v. 28.05.2019 – 67 S 49/19